Schnellkursus für Langzeit-arbeitlose Menschen als „Hilfspfleger“

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Schnellkursus für Langzeit-arbeitlose Menschen als „Hilfspfleger“
von Hans-Jürgen Graf
Nürnberg/Berlin. Mit der Überschrift: “Crash-Kurs für Hartz IV Pfleger” berichtet die taz über das vorgelegte Konzept der gesetzlichen Krankenversicherung zur Betreuung von Demenzkranken in Pflegeheimen durch Langzeiterwerbslose. Der Artikel ist unter http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/crash-kurs-fuer-hartz-iv-pfleger/ zu finden und ist vom 20. August 2008.
In diesem Artikel wird das Konzept der Krankenversicherung, kurz gefasst, so dargestellt:

In einem Kurs mit 160 Theoriestunden und 2 Wochen Praktikum werden Langzeiterwerbslose jeglicher Herkunft zu “Pflegeassistenten” ausgebildet. Dies veranlasste mich zu folgendem Brief an die Gesundheitsministerin, Frau Ulla Schmidt, die die letzte Entscheidungsbefugnis hat.
Einsatz von Langzeit-erwerbslosen Menschen in Pflegeheimen
Sehr geehrte Frau Gesundheitsministerin Schmidt,
ich wende mich an Sie, als eine examinierte Pflegekraft (Krankenpflege), und nehme Bezug auf die geplanten Einsätze von Langzeitarbeitslosen bei dementen Menschen. Die Pflege- und Krankenkassen haben dieses Vorhaben in einem Konzept zusammen gefasst, das meiner Ansicht nach so nicht verwirklicht werden darf.
Ich war gute 20 Jahre tätig als staatlich geprüfter Krankenpfleger und habe u. a. in der ambulanten Pflege sowie in der stationären Alten- und Behindertenhilfe und der Psychiatrie gearbeitet. Leider kann ich diesen Beruf nicht mehr ausüben wegen einer Schwerbehinderung und beziehe nun selbst ALG II. Jedoch ist mein Interesse an der Entwicklung meines bisherigen Berufsstandes ungetrübt. Die Konzeptionierung der gesetzlichen Krankenversicherung wird in einem Bericht der taz „Crash-Kurs für Hartz IV Pfleger“ vom 20.08.2008 folgendermaßen zusammen gefasst:
Als Bezeichnung der Tätigkeit wurde „Pflegeassistent“ gewählt. Nun, diese Wahl ist für mich schon deshalb als problematisch anzusehen, da ich davon ausgehe dass die besagten Langzeitarbeitslosen die dort eingesetzt werden auch bei der tatsächlichen Grundpflege assistieren werden müssen, und diese nach einer kurzen Begleitzeit (meist 2 Tage) auch selbstständig ausführen werden. Wie gesagt, ich habe in diesen Bereichen gearbeitet und bin überzeugt, dass es so kommen wird. Möglicherweise ist dies ja auch ein Ziel dieser neuen Tätigkeit?
Es wird, laut der taz, lediglich 160 Theoriestunden geben und ein Praktikum von zwei Wochen. Was bitte schön soll in 160 Stunden Theorie an Wissen um diese schweren und teilweise sehr vielgestaltigen Erkrankungen vermittelt werden, wenn ich allein davon ausgehe, dass ja nicht allein 160 Stunden Krankheitslehre stattfinden werden. Bereits nach 30 Stunden Ausbildung sollen die Betroffenen in die Heime geschickt werden, um „mit anzupacken“. Und schon sind wir da, wie ich es im vorherigen Abschnitt schon geschrieben habe. Die taz schreibt, dass auf Betreiben der privaten Anbieter diese Regelung getroffen wurde, die in der Richtung Druck machten, dass weniger Theorie vermittelt wird und schneller der Einsatz folgt.
Ich bitte doch darum, uns Wähler nicht zu unterschätzen. Für mich wird mit jedem neuen Artikel und jeder neuen Stellungnahme zu diesem Thema immer klarer, dass es tatsächlich nicht um die reine Entlastung qualifizierten Personals gehen soll, sondern um einen schrittweise forcierten Ersatz von qualifizierten Stellen. Das darf nicht umgesetzt werden. Die Pflege und Betreuung von Demenzkranken im stationären Bereich ist eine Arbeit, die qualifiziertes Personal fordert. Nicht umsonst wurden in den letzten 15 Jahren die Zusatzausbildungen der geriatrischen Fachpflegekräfte geschaffen, wie auch die der Fachrichtung Psychiatrie und Gerontologie. Diese Weiterbildungen gibt es im klinischen Pflegebereich als auch in der Altenpflege.
Hier möchte ich Sie an eine Stellungnahme Ihrerseits erinnern, die auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums zu finden ist. In einem Rundbrief vom 20.05.2008, zur Ausbildung in den pflegerischen Gesundheitsberufen, äußern Sie sich folgendermaßen:
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt betonte die Bedeutung guter Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen: „Wer heute gute Rahmenbedingungen für Beschäftigte im Gesundheitswesen schafft, ebnet den Weg für eine erstklassige Gesundheitsversorgung in der Zukunft. Ich kämpfe dafür, dass auch in Zukunft alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu neuesten Diagnoseverfahren und innovativen Therapien haben. Nur der verantwortliche Umgang aller Akteure mit den zur Verfügung stehenden Mitteln sichert die Zukunft der Gesundheitsberufe sowie die Zukunft unseres ganzen Gesundheitssystems. Wir müssen bei Gerätemedizin und Arzneimittelversorgung noch wirtschaftlicher werden. Dann kann mehr Geld dahin fließen, wo es wirklich gebraucht wird: zu den Menschen, die die Versorgung, Pflege und Betreuung leisten.“
Ihre Kollegin, Frau Schavan ergänzt dies:
Bundesbildungsministerin Dr. Annette Schavan verwies auf die Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung: „Ob Pfleger, Forscher oder Ärztin – wir brauchen exzellent ausgebildete und engagierte Menschen in allen Gesundheitsberufen.”
Weiter heißt es:
Die Veranstaltung „Ihre Zukunft im Gesundheitsberuf“ soll der Auftakt sein zu einem regelmäßigen Dialog zwischen Politik, Studierenden und Auszubildenden im Gesundheitsbereich. Denn die Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Pflegekräfte und Krankenkassenmitarbeiter von morgen sind es, die das Gesundheitswesen des 21. Jahrhunderts mitgestalten.
Nun wird an Sie eine letztliche Entscheidung heran getragen, die genau das Gegenteil von dem darstellt, das Sie in diesem Rundbrief als grundlegende Voraussetzungen für ein Gesundheitswesen des 21. Jahrhunderts bezeichnet haben. Die Pflege und Betreuung von Demenzkranken ist eine der schwersten Aufgaben im pflegerischen und sozialpädagogischen Bereich. Sie erfordert eine hohe persönliche Kompetenz im Bereich der verbalen und besonders der non-verbalen Kommunikation. Um mir diese anzueignen muss ich Weiterbildungen, Fortbildungen besucht haben, mich mit Gesprächsführung, den Ausdrucksweisen der non-verbalen Kommunikation befasst haben und letztlich auch in der Lage sein diese erlernten Fähigkeiten umzusetzen. Dies alles ist nicht in einer Stundenzahl von 160 Theoriestunden zu schaffen. Dies ist nicht zu schaffen in knapp 2.100 Stunden Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege oder gleichermaßen in der Altenpflege. Hier wird nur Grundwissen vermittelt, die ausgebildeten Gesundheits- und Krankenpflegekräfte oder Altenpflegekräfte müssen sich regelmäßig weiterbilden um auch die Qualifikationen für die Betreuung von z. B. Demenzkranken zu erwerben.
Bei der Weiterbildung zur Fachkraft für Gerontopsychiatrie beschreibt die Caritas (http://www.caritasakademiefr.caritas.de/14628.asp?detailID=10130&back=1) ihren Kurs folgendermaßen:
Fachkraft in der Gerontopsychiatrie – Pflege von psychisch veränderten alten Menschen
Berufsbegleitende Weiterbildung mit staatlicher Anerkennung nach der Verordnung des Landes Baden-Württemberg in sieben Abschnitten (720 Stunden)
Beginn: 24.11.2008, Ende: 30.04.2010. Die Weiterbildung richtet sich an Altenpflegerinnen und Altenpfleger, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und –pfleger, Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und –pfleger mit einer einjährigen Berufserfahrung.
Aufbauend auf der dreijährigen Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger/in wird hier in einem 720 stündigem Seminar das Wissen vermittelt, das für die Betreuung und Pflege dieser Menschen notwendig ist. Und wiederum kann es sich nur um Grundwissen handeln, denn zu allem kommt noch die soziale Kompetenz hinzu, also die Fähigkeit auch aus der beruflichen Tätigkeit selbst Erfahrungen zu sammeln und durch diese richtige Schlussfolgerungen zu ziehen die einem im weiteren Berufsleben dienlich sind. Dies kann ich aber nur dann, wenn ich tatsächlich das dafür notwendige Grundwissen vermittelt bekommen habe.
In der geplanten Form mit 160 Stunden Theorie und 2 Wochen Praktikum ist dies, meiner Ansicht nach, ganz sicher nicht möglich. Denn, und das wird in dem vorgelegten Konzept der gesetzlichen Krankenversicherung das die taz zitiert nicht ausgeschlossen, es werden auch berufsfremde Personen dazu herangezogen werden. 10.000 Kräfte sollen ab dem 1. September 2008 eingesetzt werden, die diese Schulung durchlaufen sollen. Jedoch erscheint mir diese Form der Ausbildung nicht einmal dann genügend zu sein, wenn es sich um 10.000 Altenpfleger/innen und Gesundheits- und Krankenpfleger/innen handeln würde.
Wie sieht dann eigentlich die Betreuung derjenigen aus, die diese Ausbildung hinter sich haben und dann im Pflegeheim arbeiten? Besonders dann, wenn sie eben nicht aus einem einschlägigen Berufsfeld kommen? Wie gehen diese dann mit Notfallsituationen und deren Verarbeitung um, wie schaffen es diese Menschen das oft nicht gerade angenehm mit anzusehende Sterben der Betroffenen zu begleiten? Sind dafür Hilfen bereitgestellt? Wird es Supervision oder ähnliche Betreuungsformen für die Pflegenden geben in denen sie ihre Belastungen abarbeiten können? Diese hat es zu meiner Zeit schon nicht gegeben und die gibt es heute ganz sicher auch nicht. Denn solche Formen der Begleitung der Pflegenden kosten eben auch Geld und das haben ja bekanntlich die Pflegeheime nicht. Ich möchte hier nur an einen Bericht in der ARD, WDR und Report Mainz, erinnern über die „Zustände in deutschen Pflegeheimen und Kliniken“, vom 16. Juli 2007 und „Dellings Woche“, vom 14.05.2008.
In dem zitierten Rundbrief Ihres Ministeriums wird auch eine gestiegene Zahl von Auszubildenden in den Pflegeheimen genannt. Ihr Ministerium fasst die Anzahl von Praktikanten, Auszubildenden und Schülern aus 2005, auf insgesamt 32.000 zusammen. Wir haben etwa 35.000 erwerbslose Pflegekräfte dazu kommen noch diese Zahl von 32.000 Auszubildenden und mögliche Auszubildende. Warum wird nicht ein Konzept entwickelt, wie diese Kräfte immerhin 67.000, entsprechend qualifiziert werden könnten und dann in den Bereichen eingesetzt werden? Ich denke, weil diese ja wieder, und nun sind wir nochmals beim Kostenfaktor, mehr Geld kosten als pseudoqualifizierte Hilfskräfte, die dann nach getaner Arbeit und dem Verlust von viel Kraft den diese Arbeit fordert, selbst sehen können ob und wie sie wieder auf die Beine kommen.
Es wäre doch für unser Gemeinwesen im Gesamten, als auch für die Betroffenen auf beiden Seiten besser, es würde eine ausreichende Fortbildung bzw. Qualifikation des vorhandenen Potentials von Pflegekräften geben und diese würden dort eingesetzt. So wären zumindest 10.000 Pflegekräfte oder Erwerbslose aus anderen Gesundheitszweigen nicht mehr ohne Lohn und Brot. Für mich persönlich ist solche eine Lösung einleuchtender als das Konzept der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch Sie, und besonders Sie, als Bundesministerin sind doch dem Wohl des Volkes im Gesamten, wie auch in einzelnen Bereichen Ihres Ressorts, verpflichtet. Ist es mit diesem verfassungsmäßigem Auftrag und dem Auftrag der Wähler tatsächlich vereinbar, dass Sie sich in dieser Angelegenheit selbst widerlegen? Dass Sie ein Vorhaben unterstützen und genehmigen das zum Scheitern verurteilt ist.
Zum Scheitern auf jeden Fall, wenn ich bei all den ökonomischen „Vorteilen“, die besonders die privaten Anbieter von Pflegeheimen im Auge zu haben scheinen, auch die Verantwortung gegenüber den betroffenen Kranken und den betroffenen Pflegenden sehe sowie den Aspekt der Menschlichkeit. Diese Menschen auf beiden Seiten eben nicht der besonders hohen Belastung dieser Arbeit auszusetzen ohne dafür tatsächlich qualifiziert zu sein oder eine Betreuung erleben zu müssen, die eben aufgrund dieser Tatsachen mehr schädigt als hilft. Der Geschäftsführer eines Pflegeheimes des ASB drückt es in dem taz-Artikel so aus:
Die Betreuung von Demenzkranken sei eine anspruchsvolle Aufgabe. “Es geht ja nicht nur ums Basteln.”
Die Situation im Pflegeheim wird folgendermaßen sein. Der „Helfer“ wird mit in die Grundpflege (Körperpflege, Essenseingabe usw.) eingeschlossen sein. Schon allein deswegen wird er kaum Zeit aufbringen können für die Tätigkeiten die für ihn eigentlich vorgesehen wären. Mit den Menschen zu basteln oder ihnen vorzulesen, sie zu Spaziergängen zu aktivieren u. v. m. In der Grundpflege jedoch wird er nicht in der Lage sein, Hautveränderungen, Hauterkrankungen, verschlechterten Allgemeinzustand usw., zu erkennen. Genauso wird es sein, wenn er mit den betroffenen Menschen im Aufenthaltsraum Spiele macht oder ähnliches. Somit müsste immer eine qualifizierte, ausgebildete Kraft in GREIFBARER Nähe sein. Diese Bereitschaft kann eine Einrichtung mit sowieso viel zu wenig ausgebildeten Kräften gar nicht leisten. Hier sind menschliche Katastrophen vorprogrammiert.
Meiner Ansicht nach ein Vorhaben, aus dem die dementen Personen und die schlecht qualifizierten Betreuer zu einem wesentlichen Teil traumatisiert hervor gehen werden. Wenn uns dies so egal ist, da „wir doch alle sparen müssen“, dann denke ich wird diese Genehmigung erteilt werden. Wenn wir aber nur ein klein wenig an die Folgen solch einer in meinen Augen gänzlich falschen Aktion denken, dann dürfte es keine Genehmigung geben.
Ich bitte Sie von ganzem Herzen, sich darüber ausreichend Gedanken zu machen und vielleicht hier einmal nicht auf die Ökonomie allein zu blicken, sondern auch auf die von unserem Grundgesetz mit Ewigkeitswirkung eingeforderte Würde des Menschen und die unserem Land über lange Zeit dienlichen humanitären und christlichen Grundsätze.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Jürgen Graf
staatl. gepr. Gesundheits- und Krankenpfleger
Bürokaufmann IHK
Unterstützt von:
Thomas M. Müller
Redakteur, Autor,
Hörbuchproduzent
Andreas Klamm
Journalist, Autor
staatl. gepr. Gesundheits- und Krankenpfleger,
ehem. Student an der Evangelischen Fachhochschule
für Sozial- und Gesundheitswesen Ludwigshafen am Rhein
Missionar und Missionsleitung John Baptist Mission in Togo,
Vertretung für Deutschland und Groß Britannien
Eine öffentliche Petition gegen den Einsatz von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen in der Pflege kann im Internet bei: http://www.petitiononline.com/22082008/petition.html
gelesen und mitgezeichnet (mitunterschrieben) werden.
3mnewswire.org

Regionalhilfe

Regionalhilfe.de, Arbeitsgemeinschaft für Medien- und Hilfe-Projekte seit 2006 und ISMOT International Social And Medical Outreach Team, www.regionalhilfe.de, Blog: https://regionalhilfe.wordpress.com, Tel. 0621 5867 8054

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